Super Bowl LIII in Atlanta
Ein Lebenstraum ging für mich in Erfüllung – ich durfte dank meines Huddle-Engagements zu Super Bowl LIII nach Atlanta. Damit ist auch der letzte Punkt auf meiner Bucket-List (Hochzeit, zwei Kinder, Haus, Marathonlauf und eben der Besuch des Super Bowls) abgehakt. Wie ich meiner Frau vor einigen Monaten erklärt hatte: Mir gehen langsam die Ziele aus – gleichzeitig könnte ich kaum glücklicher sein. Now I can die in peace (nicht, dass ich das vorhätte, but still…)!
Nachdem ich ja die Woche zuvor bereits in Orlando verbracht hatte (hier der Bericht dazu), stand am Montag der sicherlich stressigste Tag seit langer Zeit (um genau zu sein seit der ersten Runde des Drafts in Dallas) an: 800 km mit dem Auto – soweit war ich noch nie am Stück gefahren – und dann noch der Wahnsinn Opening Night mit zwei Stunden Gedränge.
Aber der Reihe nach:
Opening Night
Ich war sowieso schon angeschlagen (die obligatorische Klimaanlagenerkältung in den USA plus dann die Fahrt) und vor allem auch vorgewarnt worden. Trotzdem war es beeindruckend – nicht nur in einem positiven Sinn – wie sich Journalisten sowie Menschen wie ich zu den Spielern vordrängen wollten. Gute Kinderstube war hier definitiv fehl am Platz.
Am meisten faszinierte mich aber, wie die Spieler die immergleichen Fragen so versuchten zu beantworten, als hätten sie sie gerade zum ersten Mal gehört. Und wie Tom Brady dabei auch noch so tun konnte, als ob ihm das wirklich Spaß macht.
Ich selbst darf so alle acht Wochen mal einen Vortrag halten; mittlerweile hab ich den bestimmt schon so zwanzigmal in fünf Jahren vorbeten dürfen.
Ich kann mich selbst nicht mehr hören.
Und die Spieler müssen das nicht nur bei der Opening Night 60 Minuten lang mitmachen, sondern auch noch Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag bei der „Medienverfügbarkeit“.
Die Patriots sind das mehrheitlich gewohnt, für die Rams dürfte das bei den meisten Neuland gewesen sein. Ein Nachteil, den man nicht unterschätzen sollte.
Ich hab einige Interviewschnipsel eingefangen – wie Kicker Greg Zuerlein und Stephen Gostkowski, Quarterback Brian Hoyer, um nur einige zu nennen – die sich im Twitterfeed von @footballaktuell finden lassen (wie sehr viele Eindrücke aus dieser Woche).
Radio Row
Die sogenannte „Radio Row“ beherbergte Fernseh- und Radiostationen, die dort Interviews, Podcasts und einfach nur Content rund um das Endspiel aufnahmen.
Man kann sich wirklich keine Vorstellung davon machen, wie viele Menschen hier über ein Spiel sprechen, das nur 60 (Spiel-)Minuten dauern wird. Das Bild zeigt ungefähr ein Drittel dieser Radio Row.
Egal zu welcher Tageszeit man hier vorbeischaute – es war voll.
Und am Ende verlief das Spiel so, wie es keiner der Experten vorhergesehen hatte! Der Super Bowl mit den wenigsten Punkten; das hatte wirklich niemand auf der Rechnung. Viel heiße Luft also, die hier produziert wurde.
Man konnte jedenfalls kaum einen Meter laufen, ohne nicht ein bekanntes Gesicht (öhm…wer war das nochmal?) zu sehen. Oft fielen mir die Namen dann sogar noch ein.
Andy Benoit, Albert Breer, Ian Rapoport, „mein“ Ross Tucker – das „Who Is Who“ der NFL-Schreiber lief mir über den Weg. Bei 5.000 akkreditierten Journalisten war das Schwierigste daran, sie auch zu erkennen.
Nachdem der Workroom für die übrigen Medienvertreter hinter der Radio Row lag, kam ich hier mehrmals täglich vorbei und hatte immer riesige Augen vor Staunen. Wie ein Kind im Süßigkeitenladen…
Die Pressekonferenzen
Es gab jeden Tag eine ganze Reihe Veranstaltungen, die zum Teil sogar parallel stattfanden, so dass ich mich entscheiden musste, was nicht immer leicht fiel.
Die Media Availabilies der Teams wurden im jeweiligen Mannschaftshotel abgehalten; obwohl das der Rams meine Park-And-Ride Station war, konnte ich da nie teilnehmen, weils zeitlich einfach nicht reingepasst hat. Ich war einmal bei den Patriots in deren grandiosem Hotel, aber meistens ging ich zu den Veranstaltungen im Messezentrum.
Die waren auch durchgehend interessant, wobei ich vor allem die mit Sicherheitsaspekten wie „Fälschungen“ und „Sicherheit allgemein“ besuchen wollte (da gibt es auch einen Artikel im nächsten Huddle).
Am Schlechtesten war die Pressekonferenz von Roger Goodell; je länger ich darüber nachdenke, deste mehr könnte ich mich über diese abgehobene, nichtssagende und weltfremde Zurschaustellung ärgern. Das kommt womöglich auch in meinem Artikel darüber raus – ebenfalls im nächsten Huddle (Kauftrag!).
Buuuuuuuuuh Roger!
Die Eishockey-Unterbrechung
Football 24 / 7 ist das eine, aber nach dann schon fast zwei Wochen am Stück brauchte ich etwas Abwechslung. Da kam das Heimspiel der Atlanta Gladiators (ein ECHL-Team), gegen die Florida Everblades gerade recht. Die Everblades hatte ich mit meiner Frau 2007 schon einmal in deren Heimat an der Westküste Floridas gesehen. Damals kannte ich noch zumindest einen Spieler mit deutscher Legionärsvergangenheit, diesmal waren mir alle Namen komplett neu (Eishockeyzeit wurde mittlerweile von sehr viel Footballzeit verdrängt).
Die Gladiators konnten ihren großen Rivalen mit 2:1 bezwingen und ich wurde gut unterhalten. Besonders toll fand ich die kanadische und amerikanische Hymne zweier Chöre vor Beginn.
Die Chöre machten leider auch schon fast den Großteil der Zuschauer aus – geschätzt hatten maximal 500 Besucher den Weg nach Duluth, ca. 40 km nördlich von Atlanta, gefunden. Das bringt mich gleich zum nervigsten Thema meines USA-Trips, dem…
Verkehr
Der Verkehr in Dallas beim Draft war schon lästig – so ohne Beifahrer auf achtspurigen Autobahnen mit Abfahrten links und rechts – aber Atlanta hasste ich dafür. Morgends erwischte ich immer die Rush Hour auf dem Weg zur MART (die S-Bahn Atlantas) und der Weg zum Eishockey dauerte weit über 2 Stunden.
Es gibt zwei Sachen, die ich überhaupt nicht ausstehen kann im Leben und das sind Staus und Parkgebühren.
Staus hatte ich genug, Parkgebühren dafür eigentlich nicht. Allerdings beging ich den Fehler, am Samstag zum Essen ausgehungert auf einem Mall-Parkplatz zu stehen. Der Parkplatz war zu mindestens einem Drittel leer, aber ich hatte Tunnelblick und war nur auf das „Lovies BBQ“ fixiert. Als ich vom Essen 200m weiter zurückkam, fand ich eine wunderschöne Parkkralle und einen 75 $ Strafzettel an meinem Auto vor.
Hurra.
Der Mensch, der das durchsetzen musste, hat gemerkt, wie angepisst ich war. Tatsächlich standen genug Schilder rum, die in halbwegs lesbarer Größe verkündeteten, dass man sein Auto mitnehmen soll. Aber wenn man bis 17:00 Uhr nur einen Bagel hat, sieht man nur noch Schilder, die etwas mit Essen zu tun haben. War also ein teures Essen, aber passte zum Gesamteindruck des Verkehrs in den zwei Wochen. Das mit weitem Abstand Negativste an meinem Trip. Könnte ich jetzt noch kotzen.
Meine Hotels
In Orlando findet sich eigentlich immer etwas bezahlbares und mit dem „Cypress Pointe Ressort“ hatte ich eine sehr gute Wahl getroffen. Schöner Fitnessraum, Pool, sauberes und geräumiges Zimmer mit großer Badewanne sowie eine gute Lage in der Nähe des ESPN Komplexes. Kann ich uneingeschränkt weiterempfehlen und wäre bei einem künftigen Besuch, wenn die Kinder größer sind, auf jeden Fall auf der „Short List“.
In Atlanta waren die Preise dank des Super Bowls natürlich gepfeffert und so wurde es ein heruntergekommenes Rodeway Inn Motel im Norden der Stadt. Zumindest war das Zimmer geräumig und das Internet schnell. Ohne Frau reicht das.
Das Essen
Zum Teil hat die NFL das Catering übernommen, aber oft war ich einfach zu den falschen Zeiten im Medienzentrum. Etwas Warmes habe ich dort überhaupt nur einmal gegessen (das war aber toll).
Größtenteils bestand mein Frühstück aus einem großen Starbucks-Kaffee und dann lange nichts, bevor mein Zeiptlan am späten Nachmittag oder sogar Abend erlaubte, irgend etwas festes zu mir zu nehmen.
Dank der vielen Aufgaben in der Woche denkt man aber überhaupt nicht ans Essen. Gesund war es sicher nicht, aber daheim kann jetzt meine Frau dann wieder die Aufsicht übernehmen, dass das besser klappt.
Wenn ich dann doch einmal zum Essen bin, wurde es mehrmals meine Lieblings-Steakhouse Kette Longhorns, das Bäckerbistro Panera (Soup in a Breadbowl bestellen!) und das Logans Roadhouse. Oder wie im Bild das sehr gute Lovies BBQ (nur die Parkkralle häts nicht gebraucht). In Atlanta kann ich auch noch das Fox Brothers BBQ empfehlen, von dem ich im Vorfeld sehr viel gehört hatte und das ich am letzten Tag noch besuchen konnte. Es wurde seinem Ruf absolut gerecht – grandiose Rippchen und Brisket!
Alles sehr fein und wieder vorgemerkt für meinen nächsten USA-Trip (Draft 2020 in Las Vegas vermutlich).
Der Super Bowl
Der große Tag war da! Ich konnte tatsächlich fast ganz normal schlafen vorher. Nach einer etwas mühsamen Parkplatzsuche (sonst hatte ich neben dem Rams-Hotel bei der dortigen Mall geparkt, aber nach meiner Parkepisode am Tag vorher hatte ich Angst um die dort drohende Abschleppung) ging es dann gegen 10 Uhr los in Richtung Stadion.
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Offizieller Medieneinlass war für 14 Uhr angesetzt, ich habs durch „Social Engineering“ schon um kurz nach 12 Uhr ins Stadion geschafft. Locker 300 Bilder (und ein Anschiss, als ich Richtung Feld wollte) waren die Folge. Aber hey – wie oft ist man schon da – da muss man das ausnutzen.
Im Stadion kann man auf den ersten zwei Ebenen komplett den Umlauf nutzen und das habe ich auch ungefähr achtmal. Überraschenderweise war ich auch der erste im Medienversorgungsbereich.
Das Spiel war sicherlich eher niveauarm, aber dank Twitter und Co war ich durchgehend beschäftigt. Bei Bence und Philipp hatte ich an meinem letzten Atlantatag dann noch einen Gastauftritt, wo ich ein bißchen von meinen Erlebnissen erzählt habe. Hier der Link dazu!
Natürlich feierte ich den „nie gefährdeten“ 13:3 Sieg der Patriots (innerlich) und sicher haben sie auch verdient gewonnen – #SorryNotSorry Ihr Patriots-Hater! Ich war letztendlich bis locker 3 Stunden nach Spielende im Stadion, genoss jede Sekunde (auch als ich 2 h sinnlos in den Katakomben wartete) und kann sagen, dass es der vorherigen Einschätzung „Lebenshighlight“ absolut gerecht wurde.
13,5 Stunden war ich auch selten einmal in einem Stadion…
Twitteruniversum
Super Bowl kann losgehen 😃 #ranNFL #ranNFLsuechtig #SBLlll pic.twitter.com/8nIFBtO5K0
— June Black (@JuneBlack666) February 3, 2019
Ein Fressstadion mit Beleuchtung im Mercedes-Benz Stadium Atlantas hatte ich auch noch nicht gesehen. Mein Favorit!
Definitiv nicht neidisch. pic.twitter.com/gWxoHIi4gT
— meine-NFL.de 🏈 (@meine_NFL) February 3, 2019
Manchmal kann ich einfach nicht anders…
Schade, dass meine Eltern wohl schon im Bett liegen und diese Rams-Offensive nicht sehen können. Denn dann wäre ich wenigstens nur noch die zweitgrößte Enttäuschung in ihrem Leben.
— Joshi Fischer (@thetruemilhouse) February 4, 2019
Den Tweet fand ich überragend. Ich hab lauthals losgelacht, was mir seltsame Blicke meiner beiden dänischen Nachbarn eingebracht hat. Aber das wars wert!
This could be the first year the Super Bowl highlight video includes the coinflip.
— David Haugh (@DavidHaugh) February 4, 2019
Und es wurde nicht besser.
Oder wie irgendwer anderer geschrieben hatte: Good luck NFL Films, da einen interessanten halbstündigen Super Bowl Beitrag draus zu machen. Ich schätze, es werden vieeeeele Interviews kommen.
Die Maroon 5 Halbzeitshow war im Stadion erträglich, aber auch nicht mehr. Im Fernsehen anscheinend nicht, wie eine Vielzahl Tweets mir mitgeteilt hat. Vielleicht verpflichtet die NFL dann irgendwann wieder jemand tolles. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wirklich lustige Tweets dazu gabs hier:
Ansonsten verabschiede ich mich jetzt von dieser Saison und aus Atlanta (die Fertigstellung dieses Beitrags erfolgte am Flughafen) mit meinem Lieblings-MVP (dessen T-Shirt ich gleich noch kaufen „musste“):
Diesen „Huh?“-Gesichtsausdruck hatte er nach 10 Stunden Durchfeiern die komplette Pressekonferenz über. Mit einer sehr lustigen Bill Belichick-Imitation endete die Super Bowl-Woche. Die Geschichte gibts dann ebenfalls im nächsten Huddle (Kauftrag!!!).
So long NFL-Season 2018!
Ich werde Dich dank Draft, Wembley und Super Bowl nie vergessen und meine Enkel noch mit den Stories davon langweilen. Es war mir eine innere Touchdowncelebration!
Danke wie immer an Johannes Busley vom RANDBREITENverlag für die Korrekturlesung, die bestimmt demnächst erfolgt. Er hat das ganze Jahr über herausragende Arbeit geleistet.
T – H – A – N – K – S !!!